Dialog miterleben und mitgestalten
Professor Holger Hanselka ist seit 2013 Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). In den letzten acht Jahren hat er seine Hochschule erfolgreich durch einen grundlegenden Transformationsprozess und die Bewerbung um den Exzellenzstatus geführt.
Neben hochkarätiger Forschung und einer authentischen Hochschulkultur setzt er auf den intensiven Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. Mit der KIT Science Week will er ihn jetzt vertiefen.
Herr Professor Hanselka, das KIT gilt als Unikat im deutschen Wissenschaftssystem. Wie kam es dazu?
Das KIT ist als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ tatsächlich etwas Besonderes. Dieser Slogan steht für die Fusion der früheren Technischen Universität Karlsruhe mit ihrer mehr als 195jährigen Tradition und dem Forschungszentrum Karlsruhe, dessen Vorläufer 1956 gegründet wurde. Ziel war es, gemeinsam das große Potenzial und die Synergieeffekte zu nutzen. Seit meinem Amtsantritt haben wir das 2009 gegründete KIT in einem intensiven Change-Prozess zu einer Forschungs- und Lehreinrichtung zusammengeführt, die authentisch und strategiefähig ist. Über unsere Großforschungsaufgabe haben wir fünfzig Prozent mehr wissenschaftliche Kapazität an Bord als andere Universitäten. Gleichzeitig verfügen wir aber auch über das Berufungs- und Promotionsrecht. Dies öffnet uns den Zugang zur Lehre und zu den Studierenden Und diese einzigartige Kombination prädestiniert uns dafür, im Dialog mit der Gesellschaft zur Lösung großer Zukunftsaufgaben beizutragen.
Sie haben sich dem Leitmotiv „Living the Change“ verschrieben. Was verbinden Sie damit?
Als wir begonnen haben, den Exzellenzwettbewerb vorzubereiten, haben wir uns gefragt: Was können wir, was andere nicht können? Und wo wollen wir hin? So ist unser Leitmotiv entstanden. Es umschreibt drei Dimensionen. Zunächst einmal sind wir eine exzellente technische Universität, die seit ihrer Gründung in Karlsruhe im Jahr 1825 mit ihren Innovationen immer zu Fortschritt und Wandel in der Region und auch in der Welt beigetragen hat. Jede dieser technologischen Innovationen hat aber auch stets Auswirkungen auf die Gesellschaft. Hier knüpft die zweite Ebene an: Heute stellen wir uns die Frage: Könnte die Gesellschaft auch Einfluss auf uns haben? Denn die Gesellschaft artikuliert mehr und mehr eigene Bedürfnisse und tritt damit an die Wissenschaft heran. Diesen Austausch wollen wir in neuer Qualität ausbauen. Und nicht zuletzt steht das KIT für eine Einrichtung, die vorlebt, wie man Veränderungen auf Augenhöhe gestalten kann.
Wie wollen Sie den Dialog mit der Gesellschaft weiter ausbauen?
Wir haben hierfür verschiedene Instrumente und Formate ins Leben gerufen. Zum Beispiel die so genannten Real World Lab Professorships. Für ein Lab schreiben wir zwei Professuren gleichzeitig aus: eine technisch-naturwissenschaftliche und eine geisteswissenschaftliche. Beide Personen leiten dann das Labor als Tandem. So stellen wir sicher, dass ein Thema wie zum Beispiel Autonomes Fahren sowohl technisch als auch ethisch und juristisch bearbeitet wird. Dahinter steht die Idee der Reallabore. Auch das ist eine Stärke von Karlsruhe. Mit diesen Laboren treten wir an die Bürgerinnen und Bürger mit einem Dialog- und Gestaltungsangebot zu einem wissenschaftlichen Thema wie etwa KI und Robotik heran. Die KIT Science Week schließlich ist ein völlig neues partizipatives Format, mit dem wir die Wissenschaftscommunity direkt mit der interessierten Öffentlichkeit zusammenbringen.
Kann ein Format wie die Science Week das KIT auch international noch sichtbarer machen?
Wir erwarten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt. Da treffen verschiedene Gesellschaftsmodelle und Kulturen aufeinander. Für viele wird dieses neue partizipative Veranstaltungsformat in der Kombination der verschiedenen Events und Beteiligungsmöglichkeiten ungewöhnlich sein – und vielleicht auch für einige ein Aha-Erlebnis. Wenn wir hiermit neue Impulse für den Transfer und Dialog in die Welt geben könnten, würde mich das sehr stolz machen.
Worauf freuen Sie sich besonders bei dieser Veranstaltungswoche?
Um ehrlich zu sein: auf die Abendveranstaltungen. Sie bieten mir die Chance, der interessierten Öffentlichkeit und unseren Stakeholdern das weiter zu vermitteln, was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler tagsüber erarbeitet haben, den Dialog hautnah mitzuerleben und auch aktiv mitzugestalten. Deswegen stehen diese Termine fest in meinem Kalender.